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Filmtext

Das alte Wissen bewahren

„Mich interessiert das Wissen des einfachen Lebens, die Grundlage der menschlichen Existenz“, sagt der renommierte Schweizer Dokumentarfilmregisseur Erich Langjahr. In seinem jüngsten Film „Das Erbe der Bergler“, der in einem Zeitraum von fünf Jahren entstand, dokumentiert er zusammen mit seiner Frau und Mitarbeiterin Silvia Haselbeck die Arbeit der letzten Wildheuer im Schwyzer Muotatal. Geduldig, genau und mit langem Atem beobachtet Langjahr die alten Arbeitstechniken der schweigsamen Handwerker und Heuer. Dabei akzentuiert er von Anfang an sowohl den Austausch zwischen Leben und Arbeit als auch das Ineinandergreifen der einzelnen Gewerke. So beginnt der Film mit den Erläuterungen des Wetterschmöckers Peter Suter, der seine Wetterprognosen aus der Beobachtung eines Ameisenhaufens gewinnt. Darauf folgt ein längerer Exkurs über die Herstellung von Griff-Holzschuhen, deren sicherheitstechnischer Nutzen beim später gezeigten Heuen an den steilen Berghängen anschaulich wird.



Jeweils am Vortag zum 1. August, dem Schweizer Nationalfeiertag, begeben sich die Wildheuer auf den beschwerlichen Aufstieg in die steilen Planggen des Hinteren Heubrig. Die Erfahrung der Entschleunigung am Berg, um die es Langjahr auch geht, wirkt in 1600 Metern Höhe wie ein Naturgesetz und erzeugt eine sehr reale Distanz zum modernen Leben im Tal. Das veränderte Zeitgefühl verbindet die Bergler gewissermaßen mit dem Arbeitsrhythmus der Vätergenerationen und lässt so ein Kontinuum entstehen, in dem Herkunft, traditionelle Lebensformen und das alte Wissen um die Technik der Wildheuernte zusammenfließen. Langjahrs Film bewahrt diese Identität vor dem Vergessen, indem er sie aufzeichnet und so selbst zu einem Teil des kulturellen Erbes wird. Das Gedächtnis des Films schreibt sich der Erinnerung des Zuschauers ein.



„Das Erbe der Bergler“ berichtet aber auch von Veränderungen. Während früher die Wildheuernte eine existentielle Notwendigkeit war, die das Überleben vieler Familien sicherte, bildet sie heute eine Form der Landschaftspflege, die erosiven Prozessen entgegenwirkt. Zugleich dient sie der Wissensvermittlung, denn die Technik ist geblieben, sie trotzt beständig der Zeit. Und so erlebt der Zuschauer detailliert das „Zirknen“ bzw. Auslosen der Wiesenstücke, das Einsammeln der Gaben für die Fürbitt-Messe, das Dengeln der Sensen und das gefährliche, Geschicklichkeit erfordernde Mähen am Berg, wo die Mahd schließlich in Netzen zu etwa 100 kg geschnürt wird, bevor sie an einer Seilwinde in ein Zwischenlager auf 1000 Meter Höhe rauscht. Von hier wiederum wird das Heu im Winter auf großen Schlitten ins Tal befördert. Die Einbindung der Heuer ins Heute erfolgt am Schluss, wenn wir einen von ihnen beim traditionellen Besentanz, einen anderen auf Inlineskatern sehen. Ja, so sei es, habe einer der porträtierten Wildheuer nach der Vorführung des fertigen Films knapp beschieden. Für Erich Langjahrs Kunst der dokumentarischen Wirklichkeitsaufzeichnung ist das ein schönes Kompliment.





4. November 2008

 



 



 



 

Wolfgang Nierlin

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