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Filmtext

Türen in die Vergangenheit
Türen in die Vergangenheit

„In my father’s den“ lautet der Originaltitel von Brad McGanns Spielfilmdebüt, einer Adaption des gleichnamigen Romans von Maurice Gee. Eine solche kleine Höhle, ein Geheimversteck in Gestalt eines verwunschenen Zimmers, das ähnlich einer Verpuppung in einem Geräteschuppen untergebracht ist, bildet das ideelle und motivische Zentrum des neuseeländischen Films „Als das Meer verschwand“. Wie im „Club der toten Dichter“ handelt es sich hierbei um einen Flucht- und Rückzugsort für die Sehnsucht nach einem erträumten anderen Leben. „Danger!“ und „Poison. Keep out!“, steht auf den Türen, die zu dieser künstlerischen Gegenwelt aus Büchern, Schallplatten und Bildern führen, zu deren Leitfiguren Janet Frame, Albert Camus und Patti Smith gehören. Es sind zugleich Türen, die über drei Generationen hinweg den Zutritt in die Vergangenheit einer tragischen Familiengeschichte eröffnen und dabei als Spiegelbilder für gesellschaftliche Außenseiter fungieren.



Ein solch „einsamer Wolf“ ist der arrivierte Journalist und Kriegsfotograf Paul Prior (Matthew Macfadyen), der nach vielen Jahren zur Beerdigung des Vaters in sein neuseeländisches Heimatdorf zurückkehrt. Die Spannungen zwischen dem Vertrauten provinzieller Enge und dem Erfahrungsschatz des Weitgereisten, aber auch zwischen der in sich gekehrten Künstlernatur Pauls und seinem gegensätzlichen Bruder Andrew (Colin Moy) liegen bald offen zutage. In ihnen stehen sich die wohlanständige, presbyterianisch geprägte mütterliche Familienlinie und der Individualismus des eskapistischen Vaters gegenüber. Pauls Abweichlertum, dessen arge Stilisierung leider etwas plakativ geraten ist, scheint hier seinen Ursprung zu haben und setzt sich fort in den schriftstellerischen Ambitionen der 16-jährigen Celia (Emily Barclay), der Tochter von Pauls Jugendfreundin Jacki (Jodie Rimmer). „Ich war einmal wie sie“, sagt der melancholische Protagonist des Films, der sich zögerlich mit dem Mädchen anfreundet. Als Celia spurlos verschwindet, gerät ihre verschwiegene Identität ins Zentrum dramatischer Verwicklungen.



Brad McGanns verschachtelt erzählter Film rekonstruiert mittels Rückblenden auf verschiedenen Zeitebenen ein tragisches Familiengeheimnis, das alle Beteiligten in tiefe emotionale Krisen stürzt. Dabei unterdrückt die komplexe Erzählstruktur allzu oft das lebendige Erzählen, das sich dann in bedeutungsschwangeren Behauptungen und schwülstigen Klischees verliert. Allerdings korrespondiert das filmische Schachtelprinzip gelungen mit den Häutungen der Figuren. Ihren Schmerz fängt der Regisseur mit einem Konjunktiv auf, der als Off-Erzählung den Film von Anfang an grundiert. Es handelt sich dabei um eine Geschichte Celias, deren Titel wiederum dem deutschen Verleihtitel des Films zugrunde liegt und die so beginnt: „An einem Tag am Ende der Welt kam die Ebbe, aber die Flut kam nicht.“ 





1. Dezember 2006

 



 


 

Wolfgang Nierlin

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