Deutschland 2000 | Regie: Harald Bergmann | 112 min. | mit André Wilms, Udo Kroschwald, Geno Lechner, Baki Davrak, Rainer Sellien.
Harald Bergmann rekonstruiert in "Scardanelli" aus allen verfügbaren Perspektiven die zweite Lebenshälfte des Dichters Friedrich Hölderlin. Kein Satz in diesem Film ist erfunden, alle Szenen, Dialoge und Zeugenaussagen beruhen auf den überlieferten Berichten. "Der arme Holterling wurde heute morgen abtransportiert, um zu seinen Angehörigen zurückgebracht zu werden. Wieder und wieder versuchte er sich aus der Kutsche herauszustürzen und jedes Mal stieß ihn der Mann, der zu seiner Begleitung mitfuhr, zurück. Hölderlin schrie, dass Harschierer ihn wegholten und wehrte sich mit seinen ungeheuer langen Fingernägeln so heftig, dass der Mann ganz mit Blut bedeckt war." (Caroline von Hessen-Homburg, 11. 9. 1806) Friedrich Hölderlin wird in der Tübinger Klinik des Doktor Autenrieth interniert und schließlich, sieben Monate später, als unheilbar und mit einer Lebenserwartung von drei Jahren dem Schreinermeister Ernst Zimmer zur Pflege übergeben. In dessen Handwerkshaus lebt der Dichter 36 weitere Jahre in dem kleinen Turmzimmer am Neckar und betreut von Tochter Lotte Zimmer - Klavierspielend, zeichnend, weiterdichtend. Als man ihm eine Ausgabe seiner früheren Gedichte bringt, erklärt er dem Besucher: "Ja, die Gedichte sind echt, die sind von mir, aber der Name ist gefälscht! Ich habe niemals Hölderlin geheißen, sondern Scardanelli." Gedichte, die er weiterhin verfasste und von denen Schreinermeister Zimmer rollenweise verwahrte, pflegte er in seinen letzten Jahren mit den Worten "Mit Unterthänigkeit Scardanelli" zu unterzeichnen, bevor er sie seinen Besuchern schenkte. Dem fügte er meist noch ein Datum hinzu, das zwischen dem 3. März und dem 9.März 1940 lag. Die von manchen Psychiatern des 20. Jahrhunderts noch als Beleg für eine katatonische Form der Verblödung gelesenen Texte stellt Bergmann in filmischer Form aus Musik, Trickanimation und Sprache vor. Alle Szenen, Dialoge und Zeugenaussagen beruhen auf überlieferten Berichten.
Premiere der neu restaurierten Fassung der "Hölderlin Trilogie". In Anwesenheit des Regisseurs Harald Bergmann. In Kooperation mit dem KlangForum Heidelberg e.V. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe "250 Jahre Hölderlin". Mit freundlicher Unterstützung des Kulturamtes der Stadt Heidelberg.